Vergangenheit am Denkmal lernen

Wie sah es in unserem Stadtviertel vor 100 Jahren oder früher aus? Welchen Gefahren sind historische Gemäuer ausgesetzt, und wie kann man Schäden beheben? Was ist überhaupt ein Baudenkmal und was eine UNESCO-Welterbestätte? Mit solchen und anderen Fragen beschäftigen sich zur Zeit Schüler, wenn Sie unter dem Motto "denkmal aktiv" Kulturerbe macht Schule auf Spurensuche gehen. Im Herbst startete ein bundesweites Schulprojekt, mit dem die Deutsche Stiftung Denkmalschutz junge Menschen für das Kulturerbe und den Denkmalschutz sensibilisieren und begeistern will. Die neuartige Kampagne läuft in Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission, die auch die Schirmherrschaft Übernommen hat. Während des Schuljahrs 2002/2003 werden die ersten 25 Schulteams, die für die Pilotphase zugelassen sind, bei ihrer Projektarbeit durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und vor Ort durch fachliche Partner intensiv betreut. Die Internet-Plattform www.denkmal-aktiv.de, in der die Arbeitsschritte und Ergebnisse dokumentiert werden, sorgt für die Vernetzung der Aktivitäten. Regelmässige Teilnehmertreffen bieten den Rahmen für einen lebendigen Erfahrungsaustausch.

So lud die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im September rund fünfzig Vertreter der "denkmal-aktiv-Pilotschulen" zu einem Starttreffen ein, das für alle Teilnehmer sehr beflügelnd war. Da war viel Gelegenheit, die einzelnen geplanten Aktivitäten vorzustellen und alle Fragen zur konkreten Projektarbeit zu diskutieren. Und es blieb auch Raum für den Austausch von Erfahrungen mit solchen Projekten. Begleitend stellten die Initiatoren die pädagogischen Materialien vor und gaben Tipps und Hinweise zum Projektmanagement oder zur Erstellung von Arbeitsplänen. Wie kann ich das Projekt in meiner Schule verankern und Kollegen dafür gewinnen? Wie lassen sich die Themen an den Lehrplan anbinden und wieviel Unterrichtszeit muss ich einplanen? Wie erreiche ich eine gute Zusammenarbeit mit den fachlichen Partnern? Wie gewinne ich Sponsoren und was muss ich bei der Öffentlichkeitsarbeit beachten?, lauteten die Kernthemen der Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse sogleich im Internet dokumentiert wurden.

Besonders spannend waren schließlich für alle die Präsentationen der Projektideen durch die einzelnen Schulteams. Denn schon in der Pilotphase von "denkmal aktiv" ist die Spannbreite der Kulturdenkmale und auch die der geplanten Aktivitäten gross. So nehmen sich beispielsweise Schüler im niedersächsischen Hermannsburg die kulturhistorische und agrargeographische Untersuchung einer Heidelandschaft als Landschaftsdenkmal vor. Jugendliche aus Ebern in Bayern entwickeln ein Nutzungskonzept für eine ehemalige Synagoge als "Lernort", andere haben sich die Erforschung der Altstadt von Bamberg als UNESCO-Weltkulturerbe auf die Fahnen geschrieben. In Wismar steht die begleitende Dokumentation einer Restaurierung des schuleigenen Gewölbekellers an, in Ludwigshafen werden Arbeiterwohnungen unter städtebaulichen und sozialen Aspekten unter die Lupe genommen. In Bremerhaven setzen sich Schüler mit dem maritimen Denkmal Leuchtturm Roter Sand auseinander, in Lübeck sind Brücken ihre Baugeschichte, ihre Rolle für die Stadtentwicklung und Probleme der Instandhaltung Ð Gegenstand der Untersuchung.

Durch Projektarbeit setzen sich die Schüler intensiv mit einem Kulturdenkmal vor Ort auseinander: Im Unterricht geht es um Geschichte und Baustilkunde, auch die praktische Denkmalpflege wird einbezogen. Bei den Recherchen stehen Diskussionen der Schüler mit Restauratoren und Mitarbeitern der Denkmalämter oder Tourismusbüros ebenso auf dem Programm wie die Auswertung von Befunden, die Kartierung von Häusern oder die Aufbereitung der Ergebnisse für Ausstellungen, touristische Faltblätter oder Internetseiten. Die Schüler entwickeln mitunter selbst Konzepte für die Pflege und Bewahrung oder für die Öffentlichkeitsarbeit und zur Gewinnung von Sponsoren. Von besonderer Bedeutung ist dabei stets die Betreuung durch einen kompetenten Partner vor Ort, beispielsweise den Vertreter einer Fachbehörde, eines Museums, eines Architekturbüros oder einer Hochschule. Je nach Aufgabenstellung kommen die jungen Leute außerdem in Kontakt mit Initiativen, Agenda-Büros, Vereinen und Verbänden oder mit den lokalen Medien und den Bürgern, wenn das Schulteam "sein Kulturdenkmal" am Tag des offenen Denkmals vorstellt.

Ziel der bundesweiten Schulaktion "denkmal aktiv" ist es, ein Netzwerk von Schulen zu schaffen, die die Themen Kulturerbe und Denkmalschutz in den Schulunterricht integrieren. Lehrer entwickeln zusammen mit ihren Schülern Aktivitäten zu daß die gewonnenen Erfahrungen eine Breitenwirkung entfalten. Alle Ergebnisse der lokalen Arbeit werden dokumentiert und können weiteren Schulen als Leitfaden angeboten werden.

Eine wichtige Hilfe sind die pädagogischen Materialien, die die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Lehrern zur Verfügung stellt. Die Lose-Blatt-Sammlung gibt viele Anregungen für einen fächerverbindenden Unterricht und für eine Projektarbeit vor Ort: Entdeckendes Lernen und handlungsorientiertes Arbeiten sollen die Schüler motivieren, ihre eigenen Erfahrungen mit dem Denkmalschutz zu machen und sich für den "kulturellen Umweltschutz" zu engagieren.

aus: Monumente, 11/12 2002