Das Zwangsarbeiterlager in München-Neuaubing, 1942 im Auftrag der Reichsbahn gebaut, ist eines der wenigen vollständig erhaltenen Lager bundesweit. In dem Komplex aus acht Baracken waren zeitweise bis zu 600 Menschen untergebracht; die Insassen mussten bei Kälte und ständigem Hunger im nahen Bahnausbesserungswerk Lokomotiven und Gleise reparieren. Die ehemalige Baracke 5 steht seit 2009 unter Denkmal-, das Gelände unter Ensembleschutz. Als Außenstelle des NS-Dokumentationszentrums München wird es zu einem Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus ausgebaut.
An der Adolf-Kolping-Berufsschule München untersuchen angehende Maurer und Bautechniker die Konstruktion der Baracke 5 im Detail, analysieren das statische System und gewinnen Erkenntnisse über die eingesetzten Baustoffe und -materialien. Einen Bauteil der Baracke 5 werden die Auszubildenden im Maßstab 1:1 nachbauen und im Fach Informationstechnische Grundlagen das gesamte Denkmal mit Hilfe einer 360°-Kamera erfassen. Gleichzeitig erfahren sie im Sozialkundeunterricht, wie das System der Zwangsarbeit im Dritten Reich durch dieses Lager bis heute beispielhaft veranschaulicht wird. Alle Ergebnisse aus dem Projektunterricht fließen schließlich in einer virtuellen Tour zusammen, die per QR-Code vor Ort abrufbar ist.
Die Projektleiter:
„Beim Besuch des Zwangsarbeiterlagers erläuterte uns eine Historikerin des NS-Dok München die vielen Nutzungen der Baracken (Auszubildenden-Wohnheim, Kindertageseinrichtung und Künstlerateliers), die kaum Einfluss auf das Erscheinungsbild des Ensembles hatten. Dies konnten die Schüler im Vergleich mit Luftaufnahmen während und nach dem Zweiten Weltkrieg überprüfen. Beim Rundgang entdeckten sie einen ‚Ein-Mann-Splitterbunker‘ (ebenfalls ein Denkmal) und erfuhren mehr über das Leben der Zwangsarbeiter, ihre Aufgaben sowie die Wohn- und Ernährungssituation. Dass im Dritten Reich nicht nur in KZs Menschen arbeiteten und starben, sondern auch Zwangsarbeiter, die v.a. aus den europäischen Ländern stammten, die auch Heimat vieler Familien der Schüler waren, hat die Jugendlichen bewegt.
Durch die geringe Komplexität und das klar erkennbare statische Konzept der denkmalgeschützten Baracke, mit der die Gruppe sich intensiv beschäftigt, lassen sich viele Lehrplaninhalte anschaulich erläutern und vermitteln, u.a. Aufmaß zur Bestandsaufnahme, Planen und Schalen von Fundamenten, Herstellen einer einschaligen Wand. Bei den Aufmaßarbeiten im Bauwerk stellten die Schüler einen Bezug zu den räumlichen Dimensionen her und entwickelten ein besseres Verständnis für die Lebensumstände in den Unterkünften.
Als besonders interessant erwiesen sich die Rückschlüsse auf die Konstruktionsweise der Baracke 5. Unsere Analysen widersprachen dem bisherigen Stand der denkmalpflegerischen Bestandserfassung. Die Außenwände sind nicht mit Ziegelsteinen voll ausgemauert, sondern wurden in Skelettbauweise ausgebildet, mit Mauerpfeiler und vorgehängten Porenbeton-Wandplatten. Diese Erkenntnisse haben wir an das Landesamt weitergeleitet.“
Baracke 5
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