Einstein-Gymnasium, Rheda-Wiedenbrück

Die Wiedenbrücker Altarbauschule


Den stärksten Wirtschaftszweig Wiedenbrücks bildete um 1900 der Altarbau. Hier wurden zwischen 1854 und 1920 Altarwerke im Stil des Historismus gefertigt, die in großer Zahl an die Kirchen der Region, aber auch weit darüber hinaus geliefert wurden. In spezialisierten Werkstätten arbeiteten Kunsttischler, Bildhauer, Maler und Ornamentiker an der gemeinsamen Herstellung von Altären, und zwar vom ersten zeichnerischen Entwurf bis zum fertigen Objekt - ein in Deutschland einzigartiges Verfahren. Als Kirchenausstattungen dann in den Zwischenkriegsjahren weniger gefragt waren, wandten sich Holzarbeiter dem Möbelbau zu und gründeten Firmen, die zum Teil heute noch bestehen. 
Eine AG des Gymnasiums forscht den Werken der örtlichen Altarbauschule in verschiedenen historischen Bauwerken der Stadt nach, ebenso bei einem Besuch der Wallfahrtsbasilika St. Ida in Herzfeld. Die Schülerinnen erfahren, dass auch solche historischen Ausstattungen Denkmalschutz genießen und was sie heutigen Kirchenbesuchern über die Zeit ihrer Entstehung erzählen können. Das Team recherchiert und durchforstet Archive, beschäftigt sich mit Fragen der Restaurierung und lernt ihre Handwerke kennen. Die Unterstützung des Wiedenbrücker Museums für Kunst- und Stadtgeschichte nutzt die AG, um die Aufgaben eines Museums kennenzulernen und damit auch die Techniken und Methoden, mit denen es den denkmalgeschützten Ausstattungen begegnet. Die Erstellung von Lernmaterial zum Thema und eine Präsentation schließen das Projekt ab.

Ein denkmal aktiv-Projekt mit Förderung durch:
Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne in NRW
Wiedenbrücker Schule Museum für Kunst- und Stadtgeschichte, Rheda-Wiedenbrück
AG mit den Schwerpunkten Kunst und Geschichte
Jg. 9 und 10

Dokumentation


Die AG zu Besuch in einer ehemaligen Wiedenbrücker Künstlerwerkstatt

Zeitzeuginnen berichten von der Arbeit in der ehemaligen Künstlerwerkstatt des Bildhauers Julius Mormann

Die AG auf Spurensuche in den Werkstatt-Räumen

Fotos: T. Killguss, Rheda-Wiedenbrück

 


Der Projekt­lei­ter:

„Durch das Museum und die Zeitzeu­gen wurde uns deutlich vermit­telt, welche große Rolle die Altar­bau­schule stadt­ge­schicht­lich, aber auch archi­tek­to­nisch in der Innen­stadt Wieden­brücks gespielt hat. Große Werkstät­ten wurden gebaut, nach Norden ausge­rich­tet, damit die Bildhauer bei Nordlicht arbei­ten konnten. Auch die zeitli­che Abfolge der Genera­tio­nen­wech­sel ist z.B. städte­bau­lich nachvoll­zieh­bar. Als beson­ders inter­es­sant haben sich ‚persön­li­che Geschich­ten’ erwie­sen, von denen uns die Zeitzeu­gen berich­tet haben, wie Kindheits­er­leb­nisse in den Werkstät­ten. Sie fließen in unseren Abschluss­film, der im Museum gezeigt wird, ein.

Die histo­ri­sche Bildhau­er­werk­statt Mormann war am Tag des offenen Denkmals 2022 geöff­net und die AG zeigte im Hof ihren Film „Auf den Spuren der Altar­bauer“. (Foto: T. Killguss, Rheda-Wiedenbrück)

Während unserer näheren Beschäf­ti­gung mit den gewähl­ten Themen haben wir erfah­ren, dass bereits einige histo­ri­sche Häuser in Wieden­brück Neubau­ten weichen mussten. Es sind weitere Abrisse von Gebäu­den auf attrak­ti­vem Bauland in der Innen­stadt in Planung. Durch den Abriss weite­rer histo­ri­scher Werkstät­ten würden immer mehr Zeugen der Stadt- und Kultur­ge­schichte dem Erdbo­den gleich gemacht werden. Auf diese Umstände aufmerk­sam zu machen und sich dagegen zu wehren hat sich als neues Anlie­gen der AG heraus­kris­tal­li­siert.“

 

 

Die Denkmal-AG macht weiter

Im Schul­jahr 2022/23 hat die AG sich weiter mit der Wieden­brü­cker Schule beschäf­tigt und eine App entwi­ckelt, die per Handy zu ihren Kunst­wer­ken und Wirkungs­stät­ten in der Stadt führt.

Am Tag des offenen Denkmals 2023 brachte die Gruppe eine Infor­ma­ti­ons­ta­fel an der Kloster­mauer Ecke Nonnen­wall und Osten­straße an, die nun Besucher der Stadt per QR-Code zu einem Action­bound führt. Damit können bekannte und unschein­bare Denkmal-Talente im Stadt­ge­biet entdeckt werden: Eine Tür, eine Schnit­ze­rei oder ein Gebäude entpup­pen sich als Zeugnisse der Wieden­brü­cker Schule.