Die Häuserblocks des 1936-39 errichteten Kraft-durch-Freude-Seebades Prora gehören zu den größten architektonischen Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus. 20.000 Menschen sollten hier zeitgleich Urlaub machen, doch der Zweite Weltkrieg verhinderte die Fertigstellung der monumentalen Häuserzeile am Meer, die schließlich vor allem als Standort der Nationalen Volksarmee genutzt wurde. Vor einigen Jahren ist in einem der Blöcke eine Jugendherberge eingerichtet worden, in anderen Blöcken entstanden Wohnungen. Bis heute ist umstritten, wie mit der Anlage umzugehen ist.
Mit ihrem Projekt will die Regionale Schule Sassnitz, nur wenige Kilometer von Prora entfernt, zur Entstehungs- und Nutzungsgeschichte dieses Denkmals ein Führungsangebot von Schülern für Schüler erarbeiten und das "unbequeme Denkmal" damit langfristig als außerschulischen Lernort etablieren. Mit der Unterstützung von Fachleuten nähern sich die Jugendlichen zweier Wahlpflicht-Kurse dieser architektonischen Hinterlassenschaft von Krieg und Kaltem Krieg. Sie beleuchten, worin die Bedeutung, aber auch, worin die Herausforderungen und Probleme ihres Erhalts begründet sind. Ein Team von Lehrkräften für Geschichte, Deutsch, Informatik und Sozialkunde bindet den Ort in ein fächerverbindendes Unterrichtsangebot ein. Wie kann Prora noch heute Ideen der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, Arisierungsmethoden und Zwangsarbeitereinsatz anschaulich machen, wie über die Militärgeschichte der DDR Auskunft geben? Und: Wird die heute vorwiegend touristische Nutzung all diesen Aspekten der bewegten Vergangenheit der Anlage gerecht? Die Jugendlichen dokumentieren ihre Erkundungen mittels Social Media und erstellen schließlich mit Actionbound eine QR-Code-gestützte Führung für Jugendliche.
Die Projektleiterin:
„Der WPU-Kurs hat die Möglichkeit, viel Zeit im Denkmal zu verbringen, im ersten Halbjahr waren wir alle 14 Tage dort. Die Gruppe kennt nun die Geschichte des Ortes, nimmt ihn differenzierter wahr und versteht auch die Hintergründe der andauernden Diskussionen um Wert und Erhalt der Blöcke. Lehrplaninhalte des Themas Nationalsozialismus können in Prora sehr anschaulich vermittelt werden.
Die Identifikation mit dem Ensemble ist sehr hoch. Dass die Jugendlichen sich selbstständig durch die Räume bewegen können, um ihre Aufgaben zu bearbeiten, erhöht die Motivation enorm. Die Ergebnisse sind (teilweise überraschend) gut, was zeigt, dass diese Art des Lernens sehr gut ankommt. Und die Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum verläuft hervorragend.
Jeder im Kurs hat einen eigenen Actionbound zum Denkmal entwickelt, für den eigene Schwerpunkte gewählt werden konnten. Zuvor hatten wir eine Besucherumfrage gemacht – mit der Erstellung eines Fragebogens, dessen Antworten auswertbar und aussagekräftig sind. Die Ansprache fiel den Jugendlichen anfangs schwer, aber mit engmaschiger Betreuung war diese Hürde schnell überwunden. Überraschend für die Jugendlichen waren dann die vielen Verbindungen der befragten Besucher mit Prora. Ein weiterer Bereich, mit dem sich die Gruppe auseinandergesetzt hat, war Social Media. Der Kurs erkannte, wie wichtig ein professioneller Internetauftritt für ein Denkmal ist und durfte sich mit Fotografien und Kurzfilmen selbst daran versuchen.
Im Rahmen des Tags des offenen Denkmals konnten sogar Gebäudeteile besichtigt werden, die sonst nicht zugänglich sind (Empfangshalle, Block 5). Dabei kombinierte sich Theorie mit Praxis. Im Block 5 waren Gutachter unterwegs und haben ihre Aufkleber hinterlassen, wodurch den Jugendlichen bewusst wurde, wie feinschrittig und langwierig ein solche Renovierungsplanung ist.
Ein Highlight war der Besuch der Ausstellung ‚Liebe oder Last? Baustelle Denkmal’, welche beim Nachbarn des KdF-Seebades, dem Naturerbezentrum, zu sehen war. Das war auch eine schöne Gelegenheit, sich die Ausmaße der Anlage von oben zu betrachten, um die Größe der fast 5km aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen.“
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