An zwei Göttinger Museumsgebäuden werden in diesem Projekt Baudenkmale unterschiedlicher Epochen und unterschiedliche Wege der denkmalverträglichen Weiterentwicklung und Umnutzung thematisiert. Einerseits geht es um den Hardenberger Hof, den letzten erhaltenen Adligen Freihof im ehemaligen Burgbezirk der Stadt. Er wird seit 1897 als Städtisches Museum genutzt, wurde dazu mehrfach umgestaltet, nach Schädigungen instandgesetzt und ist auch aktuell ein Sanierungsfall. Andererseits ist der Bau des ehemaligen Naturhistorischen Museums der Universität Göttingen von 1877 Beispiel dafür, welche Eingriffe eine Umwidmung und Erweiterung unserer Tage für einen denkmalgeschützten Museumskomplex mit sich bringt. Im Jahr 2022 wurde hier das Wissensmuseum der Universität Göttingen eingerichtet.
Schülerinnen und Schüler eines Seminarkurses Geschichte untersuchen, welchen Umweltschädigungen die historischen Bauwerke ausgesetzt sind und waren und wie die Denkmalpflege solchen Schädigungen begegnet. Darüber hinaus erforschen sie, welche Auswirkungen die verschiedenen Umgestaltungsmaßnahmen auf die Bausubstanz der Denkmale hatten - wie also unser Umgang selbst in die historische "Lesbarkeit" von Bauwerken eingreift. Die Projektarbeit findet im ersten Halbjahr des Jahrgangs 13 statt und läuft bis Ende Januar 2024. Zum Abschluss planen die Jugendlichen eine Diskussion mit Vertretern von Stadtverwaltung, Museum, Geschichtsverein und Stadtrat zur Geschichte und zu den Perspektiven beider Baukomplexe sowie eine Fotoausstellung.
Der Projektleiter:
„Die meisten Kursmitglieder haben die beiden untersuchten Gebäude zum ersten Mal bewusst wahrgenommen. Bei den Ortsterminen sind sie erschlossen worden: Wie und zu welchem Zeitpunkt sind bauliche Maßnahmen durchgeführt worden, in welchem Zustand befinden sich die Gebäude, wie werden sie genutzt, welche Rolle spielt das Engagement der jeweiligen Träger für den Erhalt? Eine wesentliche Erkenntnis war, dass ‚Umwelteinflüsse‘ neu interpretiert werden muss: Ja, alte Gebäude sind Witterung und Wasser ausgesetzt, ja, sie können von Schädlingen befallen werden, ja, Holz wird morsch. Aber: Der Erhalt steht und fällt mit der Bereitschaft der für diese Gebäude verantwortlichen Träger, die Baudenkmale zu erhalten und ihre Nutzung für die Öffentlichkeit auch attraktiv zu gestalten. Hier gehen die Wege weit auseinander: Während das alte Naturhistorische Museum mit viel Aufwand zu einem repräsentativen Guckfenster in die Wissenschaft umgewandelt worden ist, wurde das Stadthistorische Museum im Hardenberger Hof vernachlässigt. Seit zehn Jahren bewegt sich hier nichts mehr, große Bereiche des historisch wie architektonisch hochspannenden Gebäudeensembles sind nicht mehr nutzbar. Wir sind Augenzeugen, wie die historische Identität der Stadt Göttingen selbst schweren Schaden nimmt.
Das Rahmenthema ‚Geschichts- und Erinnerungskultur‘ im Kerncurriculum Geschichte hätte keine bessere Veranschaulichung erfahren können. Auch das in 13.1 gesetzte Rahmenthema ‚Wurzeln unserer Identität‘ spielt maßgeblich hinein. Entsprechend kamen die fachdidaktischen Prinzipien Lebenswelt- und Gegenwartsbezug, Kontroversität und Problemorientierung zur Anwendung, die Hebel sind, den fremden Lerngegenstand ‚Denkmal/Museum‘ in das Bewusstsein der Lernenden zu überführen und eine aktive Auseinandersetzung und Urteilsbildung ermöglichen. Weitere Synergieeffekte hatte die Erschließung von Informationen durch Orts- und Objektbegehungen, Recherchen und Expertengespräche. So wurden Methoden vertieft, wie sie im Rahmen des Seminarfaches, das die wissenschaftspropädeutische Arbeit anleitet, vermittelt werden. Die Lernenden sind befähigt worden, über den Schulunterricht hinaus eigenen Forschungsfragen nachzugehen, was sich auf ihren weiteren Bildungsweg, aber auch auf die Partizipation an der Gesellschaft nachhaltig auswirken wird. Neben dem fachlichen Zugewinn hat insbesondere eine persönliche Entwicklung stattgefunden, die aus der Selbstbegegnung mit dem eigenen Arbeitsverhalten Tugenden wiederbelebt hat. Ein weiterer Effekt sind die berufsorientierenden Impulse gewesen: Einige der Lernenden haben ihre Neigung zum Thema Bauwirtschaft, Finanzen und Kulturwissenschaften ausgeschärft, zugleich aber auch für das Handwerk einen offenen Blick entwickelt.“
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