Auf den Architekten Walter Luckau und den Emdener Stadtbaurat Reinhold Haasis gehen mehrere Baudenkmale in Formen des Backstein-Expressionismus zurück. Unter ihren 1926-30 realisierten gemeinsamen Arbeiten wie etwa dem Chinesentempel und dem Apollo-Theater ist das ehrgeizigste Bauprojekt des norddeutschen Expressionismus aber die Herrentorschule. Sie zeigt mit ihren markanten pyramidenförmigen Fenstern und Eingangsportalen, mit Uhrenturm und Turnhalle noch viele interessante Details der 1920er Jahre. Weil das Schulgebäude im Zweiten Weltkrieg als Lazarett diente, entging es den Kriegszerstörungen, von denen Emden massiv betroffen war.
Ein Wahlpflichtkurs Geschichte will auf die Geschichte(n) aufmerksam machen, die in den Mauern des Gebäudes stecken. Dabei recherchiert das Projektteam zu den Entstehungsumständen der Schule, zu den zugrundeliegenden reformpädagogischen Konzepten und zu ihrer Umsetzung in der Architektur des Gebäudes. Der Kurs legt eine aktuelle Fotodokumentation zum Bauwerk an, schaut in die originalen Baupläne, in alte Klassenbücher, Konferenzprotokolle und alte Fotos. Und die Jugendlichen forschen auch zu den Planern und Gestaltern, etwa in Notizen des Stadtbaurates Haasis. Schließlich entwickeln sie aus all dem Führungen von Schülern für Schüler, einen Rundwegflyer Klinkerexpressionismus in Emden und eine Ausstellung, die zum 95. Jubiläum der Schuleinweihung im März 2025 eröffnet wird.
Die Projektleiterin:
„Bei Erkundungen der Schule haben die Schülerinnen und Schüler viele Details entdeckt, an denen sie vorher achtlos vorbeigegangen sind. Sie haben erkannt, dass vielen dieser Details ein durchdachtes Konzept zugrunde liegt, was sich sowohl auf die Architektur als auch auf das Konzept der Reformpädagogik bezieht: Das betrifft den Klinker als regionaltypisches Baumaterial, die Materialkunde, Herstellungsprozesse, Verarbeitungstechnik und künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten etwa im Backsteinexpressionismus, aber auch die bauliche Umsetzung des reformpädagogischen Ansatzes mit Blick etwa auf Gesundheitspflege und Hygiene. Besonders interessant ist für das Projektteam die Zeit der Weimarer Republik mit ihren gegenläufigen Entwicklungen – Demokratie und Reformpädagogik einerseits, Nationalsozialismus und antidemokratische Pädagogik andererseits.
Andere erhaltene Bauwerke des Backsteinexpressionismus werden vom Team aufgesucht und dokumentiert, die Umgebung des Gebäudes früher und heute anhand historischer Aufnahmen verglichen.
Die Jugendlichen arbeiten ihre Rechercheergebnisse für eine Ausstellung zur Jubiläumsfeier auf und entwickeln ein Führungsangebot durch das Schulgebäude, das sie selbständig durchführen. Am Tag des offenen Denkmals wollen sie für Besucher darüber hinaus Architekturzeichnungen erläutern und im Herbst auch in einem Raum des Landesmuseums einige Ausstellungsergebnisse präsentieren.“
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