Das Erzbischöfliche St.-Joseph-Gymnasium am Rheinbacher Stadtpark ist in einem Baudenkmal untergebracht, einer Dreiflügelanlage, die 1911 als Studienhaus der Schwestern Unserer Lieben Frau errichtet wurde. Neben dem einstigen Lyzeum beherbergte der Bau ein Pensionat, ein Kloster und einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das umgebende Schulgelände ist als Gartendenkmal geschützt und umfasst auch den Schwesternfriedhof. Lange Zeit blieb er sich selbst überlassen und der Schülerschaft verschlossen. Auf Initiative einer 8. Klasse ändert sich das nun, der Friedhof wird als Besinnungs-, Erinnerungs- und Lernort wieder für die Schule und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Nach einer ersten Instandsetzung, vom Erzbistum unterstützt, ist das Ziel dieses fächerverbindenden Projekts die historische Aufarbeitung des Areals in verschiedenen Lerngruppen. Mit partizipativem Ansatz wird Wissen aus Archivrecherchen und Gesprächen gesichert und aufbereitet. Die Erarbeitung von Schülerführungen zu Anlässen wie dem Tag der offenen Tür und zum Tag des offenen Denkmals stehen im Mittelpunkt der Projektarbeit, darüber hinaus weitere Nutzungsangebote für die Schulgemeinschaft und für die Bürgerinnen und Bürger Rheinbachs. Um den geschichtlichen Kontext des Schwesternfriedhofs zu verdeutlichen, erstellen die Schülerinnen und Schüler einen Flyer zur allgemeinen Historie des Ortes. Sie wollen außerdem die Ergebnisse der biographischen Recherchen zu den Schwestern, deren Grabstätten sie pflegen, durch QR-Codes an den Grabsteinen zugänglich machen.
Die Projektleiterin:
„Die Arbeit zur Historie der Schule und die Erkundung des Friedhofs ermöglichen es, religiöse und spirituelle Themen wie den Umgang mit Tod und Trauer konkret zu erfassen. Der Friedhof als Ort des Gedenkens regt dazu an, Rituale und Traditionen des katholischen Glaubens genauer kennenzulernen. Im Frühjahr soll ein Besuch des jüdischen Friedhofs in Rheinbach den Blick weiten und dazu anregen, die unterschiedlichen religiösen Traditionen zu vergleichen und zu diskutieren.
Die Projektgruppe erfährt in der Arbeit außerdem viel über historische Entwicklungen, soziale Strukturen und persönliche Schicksale, die mit den jeweiligen Epochen seit 1945 verknüpft sind. Der Friedhof wird zu einem lebendigen Geschichtsbuch, das den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, Geschichte aus einer persönlichen Perspektive zu erleben. Besonders berührten sie die Auswirkungen von Krieg auf ihre Schule. Sie erfuhren, wie das Gebäude während des Krieges beschädigt wurde, welche Verluste die Gemeinschaft erlitt und wie der Wiederaufbau gelang.
Unter der fachkundigen Anleitung eines Experten hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, aktiv an der Restaurierung und Pflege historischer Grabsteine mitzuwirken. Dabei lernten sie, welche Materialien und Werkzeuge zum Einsatz kommen und wie sorgsam die alten Steine behandelt werden müssen.
Der Aktionstag bot auch Gelegenheit, verschiedene Techniken selbst auszuprobieren. Dies reichte von der Reinigung der Oberflächen bis zur Stabilisierung brüchiger Strukturen. Durch die praktische Arbeit wurde deutlich, wie wichtig es ist, historische Grabsteine nicht nur als Erinnerungsstücke, sondern auch als Teil des kulturellen Erbes zu bewahren.
Eine zentrale Erfahrung war die Exkursion zum Melaten-Friedhof, die den Schülerinnen neue Perspektiven auf historische Orte eröffnete. Deutlich wurde, dass ein Friedhof nicht nur Ort der Trauer, sondern auch ein öffentlicher Raum mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten ist. Sie erlebten eine grüne Oase und erfuhren: Denkmäler und Friedhöfe sind Teil des urbanen Lebensraums. Außerdem erhielten sie anhand von Grabmalen und Inschriften Einblicke in vergangene Lebenswelten und Traditionen. Besonders faszinierend war es, dabei individuelle Lebensgeschichten zu entdecken. Diese Auseinandersetzung förderte nicht nur die Wertschätzung für kulturelles Erbe, sondern auch eine Reflexion über das eigene Leben.
In der zweiten Projektphase steht für einen weiteren – lokalen – Einblick eine Begegnung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde an. Themen wie Herausforderungen bei der Erhaltung und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen werden den Teilnehmenden an diesem Gespräch helfen, ein ganzheitlicheres Verständnis für Arbeiten im Denkmalschutz zu entwickeln.“
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