Evangelische Regelschule Gotha
Der Jüdische Friedhof Gotha als
„Ort des Lebens“
Vier Schulen beschäftigen sich in einem überregionalen Verbund mit historischen Naturräumen in ihrer Stadt.
Eine siebte Klasse der Evangelischen Regelschule Gotha geht auf Entdeckungsreise auf dem Jüdischen Friedhof der Stadt, der 1870 eingerichtet wurde. Einst schloss er an den 1855 angelegten städtischen Friedhof IV an, der jedoch schon ab 1892 keine neuen Grabstellen mehr erhielt, in den 1950er Jahren wurden auf seinem Areal Wohnhäuser errichtet. So liegt der Jüdische Friedhof heute isoliert, die letzte Bestattung dort wurde 1942 vorgenommen, die Friedhofshalle 1982 abgebrochen, seine Tore sind verschlossen. Heute ist der Friedhof kein Bestattungsort mehr, sondern ein Ort des Gedenkens, vor allem für die Jüdische Gemeinde der Stadt. Wiederholt wurden in den letzten Jahren Gräber geschändet. Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich anhand der historischen Grabsteine die Geschichte und die Riten dieses Ortes und erfahren, warum er als Denkmal unter Schutz steht. Daneben entdecken sie ihn auch als Naturraum, erleben wie das, was wächst, dem Erinnern dient und erkunden die Arten dieses kleinen Biotops. Im Frühjahr beteiligen sie sich an Pflegearbeiten.
Die Klasse gestaltet Erinnerungskästen zu Personen, die auf dem Friedhof begraben liegen. Zum Abschluss des Projekts setzen sich die Jugendlichen mit dem Lageplan des Friedhofs auseinander und stellen die Ergebnisse ihrer Erkundungen aus. Zum Tag des offenen Denkmals im September 2020 stellen sie schließlich einen Film zum Jüdischen Friedhof fertig.
Ein Projekt im Themenfeld Gartendenkmale.
Förderung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Unterrichtsfächer:
Kunst, ev. Religion
Lerngruppe:
Klasse 7a
Fachliche Partner:
Alexander Nachama, Jüdische Landesgemeinde Thüringen; Alwine Gschwendtner, Stadtverwaltung Gotha/Denkmalschutz; Matthias Wenzel, Verein für Stadtgeschichte Gotha
Projektdokumentation:
Arbeitsplan
Abschlussbericht
Der Film zum Projekt (Link zu YouTube)
Die Projektleiterin:
„Den ersten außerschulischen Kontakt hatten wir mit unserer fachlichen Partnerin der Unteren Denkmalschutzbehörde. Sie führte die SchülerInnen in die Prinzipien des Denkmalschutzes ein. Dann war der Besuch des Landesrabbiners ein großes Ereignis. Der Vorsitzende des Vereins für Stadtgeschichte konnte den SchülerInnen bei einer Friedhofsexkursion zu den verschiedenen Grabsteinen reiches Hintergrundwissen vermitteln.
Der Jüdische Friedhof wirft natürlich viele Fragen auf. Für viele Schüler ist es gar nicht so angenehm, sich an diesem Ort aufzuhalten. Den Tod empfinden die meisten als Bedrohung. Die Herausforderung, auf einem Friedhof zu zeichnen, zu forschen, zu arbeiten, machte es notwendig, darüber zu reden. Immer wieder gab es Gelegenheiten zu tiefen, echten Gesprächen, die weit über das hinausgingen, was sonst im Klassenzimmerunterricht möglich ist.
Eine der Schüler-Fragen bezog sich auf die hebräischen Schriftzeichen. Es gab Interesse, mehr über diese fremde Schrift zu erfahren, und so luden wir spontan einen Theologen ein, der uns in die Art des Schreibens einführte. Am Ende konnte jeder seinen Namen schreiben. Das geht natürlich über die gewöhnlichen Inhalte eines Lehrplanes hinaus. Und im Frühjahr sind die SchülerInnen daran beteiligt, die Grünanlage mit zu pflegen, Efeu zu schneiden, so dass dieser nicht die Gräber überwuchert, Laub zu harken und Müll zu beseitigen.“
Ein Schüler:
„Ich habe gelernt, dass auch ein schweres Thema sehr viel Spaß machen kann. Schwer deshalb, weil es wenig Infos gab. Ich habe gelernt, dass ich nicht mein Urteil vorher mache (weil ich mir dachte Och ne, das ist doch blöd, obwohl es ja dann doch Spaß gemacht hat). Dazu habe ich gelernt, mich auch durch schwere Themen durchzuarbeiten.“