Are-Gymnasium, Grafschaft / Bad Neuenahr

Flutschäden an Denkmalen im Ahrtal


Das Schulgebäude des Are-Gymnasiums in Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde von der Flut im Juli 2021 so stark beschädigt, dass es auf Jahre nicht mehr nutzbar ist. Seine Schülerinnen und Schüler lernen seitdem in einem Ausweichquartier, bei vielen von ihnen traf das Hochwasser auch ihr eigenes Zuhause schwer. 
In diesem Projekt setzen sich Chemiekurse des Gymnasiums mit den Auswirkungen der Flut auf die vielen historischen Bauwerke des Ahrtales auseinander. Begleitet von der Unteren Denkmalbehörde und mit Hilfe des mobilen Fluthilfe-Teams der Jugendbauhütten verfolgen die Lerngruppen Instandsetzungsarbeiten an Baudenkmalen wie etwa dem Wohnhaus Auf dem Teich 2 in Ahrweiler oder der ehemaligen Synagoge im Ortsteil Dernau. Anhand von Materialproben vollziehen sie nach, welche stofflichen Veränderungen an der Bausubstanz die Flut mit sich brachte und mit welchen Maßnahmen sich die geschädigten Bauten instand setzen lassen. Diese Möglichkeit erhält die Schule durch das Schülerlabor Chemie der Universität Koblenz, das die Jugendlichen zu Experimentiertagen in seine Laborräume einlädt. Unterstützung kommt auch vom Zentrum für Lehrerbildung (ZfL), dessen Studierende in Konzeption und Durchführung der Unterrichtseinheiten in der Schule eingebunden sind.
Das Projektteam untersucht die Vielzahl der durch die Flut ausgelösten chemischen Prozesse, es erkundet, welche Kontaminationen etwa bei Putzen oder Hölzern aufgetreten sind und leitet daraus Handlungsempfehlungen z.B. zur Wahl der Baustoffe ab, die bei einer denkmalgerechten Sanierung zum Einsatz kommen sollten. Mit aktiver Projektarbeit gehen die Schülerinnen und Schüler so den vielschichtigen Auswirkungen des Hochwassers auf ihre Heimatregion auf den Grund und werden Zeugen des Fortschritts der Wiederaufbaumaßnahmen.

Unter vielen weiteren Baudenkmalen an Ahr, Erft und Rur ist das Wohnhaus auf dem Teich 2 in Ahrweiler eines der Fluthilfe-Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Monumente, das Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, widmet dem mobilen Fluthilfe-Team der Jugendbauhütten ein Porträt.

Ein denkmal aktiv-Projekt mit Förderung durch:
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Schülerlabor Naturwissenschaften der Universität Koblenz, Fb. 3; Zentrum für Lehrerbildung; Kreisverwaltung Ahrweiler, Abt. 4.6; Untere Denkmalbehörde; mobiles Fluthilfeteam der Jugendbauhütten der DSD; Restaurator im Ortskuratorium Bonn / Rhein-Sieg der DSD
Chemie Grund- und Leistungskurs in Jg. 10 und 12, Klassenunterricht Geschichte/Religion Jg. 7
Jg. 7 und 10, 11, 12

Dokumentation

 

Die Projekt­lei­te­rin:

„Beim Ortsbe­such in Ahrwei­ler konnten die Schüle­rin­nen und Schüler anschau­lich erfah­ren, welche Schäden durch die Flut entstan­den sind, wie langwie­rig und schwie­rig sich der Rückbau, die Trock­nung und die Restau­rie­rung gestal­ten und mit welchen Schwie­rig­kei­ten die Bewoh­ner der beschä­dig­ten histo­ri­schen Bauwerke zu kämpfen haben. Weiter­hin konnten die Lernen­den die Vorteile und Beson­der­hei­ten von Lehmputz kennen­ler­nen, etwa bei der Restau­rie­rung einer sogenann­ten Kölner Decke, bei der die Decken­bal­ken mit Lehm verputzt sind. Beson­ders inter­es­sant war für sie zu erfah­ren, warum die Materia­lien Lehm und Holz so gut zusam­men­pas­sen und warum die Verwen­dung von anderen Materia­lien wie Porenbeton-Stein oder Isola­ti­ons­ma­te­rial aus Kunst­stoff zur Schädi­gung der histo­ri­schen Bausub­stanz führen.
Die Eigen­schaf­ten weite­rer Materia­lien (z.B. Basalt, Bims, Backstein, Kalk, Lehmstein, Schie­fer, …) wurden im Schüler­la­bor demons­triert. Zu den Versu­chen zählten etwa die Bestim­mung der Dichte der Proben, das Wasseraufnahme- und Wasser­ab­ga­be­ver­hal­ten (hier auch der Einfluss der Körnung und der Porosi­zi­tät) und die Reaktion dieser verschie­de­nen Bausub­stan­zen mit Säuren.
Im Unter­richt unter­such­ten die Lernen­den zur Entsor­gung vorge­se­hene Lehmbro­cken und Kalkputz­stü­cke aus den Gefachen der geschä­dig­ten Objekte. Bei Vergrö­ße­run­gen der organi­schen Bestand­teile durch IPad, Stereo­lupe oder Mikro­skop wurde an vielen Stellen, insbe­son­dere außen, Schim­mel­be­fall sicht­bar.
In Klein­grup­pen erarbei­tete der Leistungs­kurs, der nun vor dem Abitur steht, bebil­derte Berichte zu Theorie und Unter­su­chung von Gefachen mit Lehm- und Kalkputz. Im 2. Schul­halb­jahr werden weitere Schüler­grup­pen und Lehrkräfte (Chemie LK 10) in das Projekt integriert.

Durch die tatkräf­tige Unter­stüt­zung des mobilen Fluthilfe-Teams der Jugend­bau­hüt­ten, insbe­son­dere durch die Leite­rin Fr. Wotzke, konnten die Schüle­rin­nen und Schüler des Are-Gymnasiums theore­tisch und praktisch erfah­ren, was die Flut für Schäden an den denkmal­ge­schütz­ten Fachwerk­häu­sern hinter­las­sen hat. Bei Unter­su­chun­gen von Materi­al­pro­ben konnten insbe­son­dere der Aufbau der Gefache und der darin verbaute Lehmputz näher analy­siert werden. Bei weite­ren Exkur­sio­nen, z.B. zum Objekt in Dernau, durften die Schüler aktiv Teil der Wieder­auf­bau­maß­nah­men werden.
Insbe­son­dere an der ehema­li­gen Synagoge in Dernau lernten die Schüle­rin­nen und Schüler auch die histo­ri­sche Bedeu­tung eines denkmal­ge­schütz­ten Hauses kennen. Hier war es einer­seits die aufwen­dige Kölner Decke, die die Flut ‚überlebte’, aber anderer­seits auch die Mikwe, das rituelle Tauch­bad, das zugebaut war und erst durch die Wieder­auf­bau­ar­bei­ten entdeckt wurde.“



Ein Schüler prüft das freigelegte Gefach eines flutgeschädigten Hauses auf Schimmel (Foto: Ralf Schuhmann, Remagen)

Gefachprobe eines flutgeschädigten Hauses zur Untersuchung im Chemieunterricht in der Schule

Der Leistungskurs Chemie im Jg. 12 bei der Probenuntersuchung (Fotos: M. Reiner, Ahrweiler)

Der Leistungskurs Chemie im Schülerlabor der Universität Koblenz am 11. November 2022


Fotos: M. Reiner, Ahrweiler

Kick-off des Projekts in im Oktober 2022

Die Beteiligten in diesem Kooperationsprojekt: Dr. Susanne Braun (denkmal aktiv), Prof. Wolfgang Imhof (Universtät Koblenz), Nelli Wotzke (Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz) und Maria Reiner (Are-Gymnasium)

Auf der Denkmal-Baustelle: Lehmbausteine, passend zurechtgesägt zur Ausbesserung geschädigter Gefache (Fotos Dr. Jan Fleischhauer, Universität Koblenz)