Zwei berufsbildende Schulen in Berlin widmen sich in diesem gemeinsamen Projekt der Frage, wie sich ein Baudenkmal aus dem 19. Jahrhundert denkmalgerecht instand setzen lässt. Welche Konsequenzen hat der Status des Denkmalschutzes einerseits für eine nachhaltige und ökologische Modernisierung und andererseits für die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen eines solchen Sanierungsprojekts? Exemplarisch untersucht werden all diese Aspekte am 1851 errichteten Gericke-Haus in Alt-Moabit, letztes verbliebenes Zeugnis der bürgerlichen Bebauung dieses Quartiers.
Angehende Bautechniker erarbeiten sich an der Staatlichen Technikerschule dazu die städtebaulich-architektonische Fassung des Hauses, seine Konstruktion und seine Dekoration. Die solide Konstruktion des Baudenkmals spiegelt sich, verkleidet als Dekoration, nicht nur in der typisch klassizistischen und durchaus repräsentativen Fassadengestaltung des Bürgerhauses wider. Sie hat auch großen Einfluss auf die Langlebigkeit und Instandhaltungsarmut des Gebäudes, das von gut ausgeführten traditionellen Handwerkstechniken profitiert. Die Studierenden erforschen mit Bauweise und Baugeschichte des Gericke-Hauses auch die gestalterischen Parameter der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nicht zuletzt die Entwicklung Moabits seit dieser Zeit bis heute. Auf Basis dieser Recherchen entwickeln sie eine Entwurfsplanung zur denkmalgerechten Modernisierung des Gebäudes.
Bei gemeinsamen Stadtteilgängen tauschen sich die Projektteams aus und informieren sich regelmäßig mit Kurzvorträgen über den Stand ihrer jeweiligen Arbeiten. Deren Ziel ist eine gemeinsame Dokumentation, die über Geschichte und die Zukunftspotentiale des Gericke-Hauses informiert.
Ein Artikel zum Nachwuchs für das Handwerk in der Denkmalpflege in Monumente, dem Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Die Projektleiterin:
„Nach einer Ortsbegehung, Fachvorträgen zur historischen Entwicklung des Stadtraums, zu Befunduntersuchungen und denkmalgerechter Bauausführung werteten die Studierenden Pläne, Bauakten und Informationen zum Gerickehaus aus, die von Frau Kirste, der betreuenden Architektin bei der Unteren Denkmalbehörde, eingebracht wurden. Besonders interessant war dabei zu erfahren, welche Folgeschäden durch unsachgemäße Instandsetzung hervorgerufen werden können, aber etwa auch, wie sich die Konstruktion des Hauses in der Gestaltung spiegelt und welche gestalterischen Elemente seiner langfristigen Erhaltung dienen.
Dass Denkmalpflege auch den Erhalt traditioneller Handwerkstechniken betrifft, wird in der Beschäftigung mit dem Haus unmittelbar anschaulich. Die erarbeiteten theoretischen Inhalte übertragen die Studierenden auf eigene Entwürfe zur denkmalgerechten Erweiterung des Baus. Zentrale Fragen sind dabei: Wie kann man ‚modern’ erweitern? Wieviel neues Volumen schadet dem Denkmal? Welche Maße und architektonischen Elemente übernimmt man, wie setzt man sie um? Und: Ist die Kopie des Denkmals zeitgemäß? So entwickelt sich ein gutes Verständnis für Materialien und Farbgebungen von bauzeitlichen Fassungen, auch wenn sie dem heutigen stilistischen Verständnis entgegenstehen.“